Eigentlich hätte der dritte EM-Termin der Saison in der spanischen Provinzhauptstadt Albacete stattfinden sollen. Doch weil sich die Organisatoren dort in diesem Jahr nicht in der Lage sahen, einen Europameisterschaftslauf auszurichten, gastiert der Tross zwei Mal in Jarama, der Rennstrecke im Norden von Madrid. Statt in Albacete musste der Madrilene Antonio Albacete also versuchen, sozusagen vor seiner Haustüre dem aktuellen Europameister und Spitzenreiter des Gesamtklassements, Jochen Hahn, auf den Fersen zu bleiben. Letzten Ende war es ein Lapsus, der dazu führte, dass die beiden MAN-Piloten nach der dritten Runde ein Punkt mehr trennt als vorher. Das schnelle Duo dominierte auch das Geschehen in Jarama, Albacete gelang es zunächst, Anschluss an den Fahrer mit der Startnummer 1 zu halten.
Mit weniger als einer Zehntel Sekunde Rückstand und damit der zweitbesten Rundenzeit aus dem ersten Zeittraining Superpole am Samstagmittag stand der dreifache Europameister mit seinem Cepsa-MAN in der ersten Startreihe, allerdings auf der ungünstigeren Außenbahn. Hahn nutzte den Vorteil und setzte sich an die Spitze des Feldes, permanent verfolgt vom Lokalmatador. Bei der Reihenfolge blieb es bis zum Ende der Zwölf-Runden-Distanz.
Im zweiten Championshiprace mit gedrehtem Start hielt es Antonio Albacete nicht lange auf dem siebten Platz. In nur fünf Runden stürmte der Spanier an die Spitze des Starterfeldes und baute seinen Vorsprung auf die Verfolger kontinuierlich aus. Mit am Ende mehr als 14 Sekunden Abstand gewann Albacete das Rennen, in dem Jochen Hahn wegen eines technischen Defekts vorzeitig ausschied, was dazu führte, dass die Lücke zwischen den Beiden auf zwei Zähler zusammen schmolz. Doch es war ein Sieg mit einem bitteren Beigeschmack. Denn nach dem Rennen tagten die Rennkommissare und kamen zu dem Schluss, Albacete habe bei gelber Flagge überholt. Aus dessen Sicht sah der strittige Vorfall allerdings ganz anders aus: einem seiner spanischen Landsleute, der deutlich langsamer unterwegs war, wurde mit der blauen Flagge signalisert, dass ihn der schnellere Cepsa-MAN überholen wollte. Der Spanier bremste von 150 auf etwa 80 km/h ab und verließ die Ideallinie, um für Albacete den Weg frei zu machen. Da der rücksichtsvolle Pilot sozusagen auf der Bremse stehen blieb, fuhr Antonio schließlich vorbei – und musste dafür als Strafe am nächsten Tag im ersten Rennen zwei Plätze weiter hinten starten, als das seiner Rundenzeit im Superpole-Training entsprochen hätte.
Da einerseits Jochen Hahn einmal mehr mit der schnellsten Trainingsrunde gestoppt worden war und sich andererseits zwischen den beiden MAN-Piloten der komplette MKR-Zug mit Oestreich, Lacko und Bösiger einsortierte, hatte Albacete wenig Chancen, dem deutschen Konkurrenten ein weiteres Schnippchen zu schlagen. Am Ende reichte es immerhin für Platz drei: Albacetes schnellste Rennrunde war etwa 0,75 Sekunden besser als die des Zweitplatzierten Markus Oestreich – doch der Routinier weiß auch, wie man rechtzeitig die Türe zu macht, um einem Verfolger keine Lücke zu lassen. Der rote Cepsa-MAN schoss weniger als drei Zehntel Sekunden hinter dem Renault über die Ziellinie.
Im letzten Rennen des Wochenendes musste Antonio Albacete noch einmal Schwerstarbeit leisten, ehe er sich auf den zweiten Rang vorgekämpft hatte. Sein Duell mit Markus Bösiger begeisterte das spanischen Publikum. Andererseits kostete der Zweikampf so viel Zeit, dass am Ende nicht mehr genügend Runden übrig blieben, um dem Überraschungssieger Mika Mäkinen, der an diesem Tag fehlerfrei fuhr, wirklich gefährlich zu werden.